Willkommen im Expresszug der chinesischen Entwicklung!“ Mit diesen Worten empfing der chinesische Präsident Xi Jinping im Jahr 2018 rund 50 afrikanische Staats- und Regierungschefs zum China-Afrika-Gipfel in Peking. Sein Versprechen: 60 Milliarden US-Dollar in Form von Krediten und Investitionen. Für die Asiaten ist der Kontinent aufgrund seiner Rohstoffe und geostrategischen Lage attraktiv, zunehmend aber auch als Absatzmarkt. China ist dort präsent wie noch nie: mit geschätzt 10.000 Firmen und über einer Million Staatsbürgern. Und umgekehrt? Seit Jahren zieht es auch Afrikaner verstärkt in die Volksrepublik. Dabei hat sich die Metropole Guangzhou nordwestlich von Hongkong zum Zentrum der afrikanischen Community entwickelt. Vor allem afrikanische Geschäftsleute kommen seit Ende der 1990er in die Stadt. Ihr Ziel: Im Export Fuß zu fassen. In jüngster Zeit ziehen zudem auch immer mehr Studierende nach China. Ein Blick auf die afrikanische Migrationsbewegung gen Ost.
EINWANDERUNG Wie viele Migranten gibt es in China?
Das Auswanderungsland China kennt selbst kaum Einwanderung. Weltweit hat die Volksrepublik den niedrigsten Anteil an Immigranten. Laut einer Studie der UN-Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (DESA) machen Ausländer im Land gerade einmal 0,1 Prozent an der Gesamtbevölkerung von über einer Milliarde Menschen aus. Der Großteil der Zuwanderer stammt aus Asien, vornehmlich aus Korea, Japan, Burma sowie Vietnam. Chinas wirtschaftlicher Aufschwung Ende der 1990er Jahre hat auch afrikanische Migranten angezogen. Ihre Anzahl ist nicht eindeutig belegt. Experten vermuten jedoch im ganzen Land etwa 200.000 bis 300.000 Menschen.
HERKUNFT Woher kommen afrikanische Migranten?
Ursprünglich vor allem aus Nigeria und Mali, stammen die afrikanischen Immigranten in China heute aus sehr verschiedenen Ländern wie Kenia, Ghana, Guinea, Somalia, dem Senegal, Angola oder der Demokratischen Republik Kongo. Die meisten von ihnen, offiziell rund 16.000, leben in der 13-Millionen–Stadt Guangzhou, wo vor allem Waren aus dem Perlflussdelta umgeschlagen werden. Ihr bevorzugtes Stadtviertel -Xiaobei Lu wird auch „Little Africa“ genannt. In jüngster Zeit kommen zudem verstärkt afrikanische Studierende, zum Beispiel aus Simbabwe, Tansania, Äthiopien, Eritrea und Marokko.
URSACHEN Warum ziehen Afrikaner nach China?
Die meisten Migranten zieht es aus beruflichen oder akademischen Gründen dort hin. Sie werden von niedrigen Lebenshaltungskosten, besseren Ausbildungsmöglichkeiten, vor allem aber von guten Geschäftsbedingungen im Export gelockt. Die Hafenstadt Guangzhou etwa ist ein Marktplatz für chinesische Billigware, die dort eingekauft und nach Afrika verschifft wird. Chinesische Staatsstipendien – mittlerweile ganze 50.000 – ziehen wiederum Studierende an. Laut Unesco gibt es 80.000 Afrikaner an Chinas Universitäten, womit es nach Frankreich zum zweitpopulärsten Studienland für Afrikaner wird.
ZUSAMMENLEBEN Wie erleben Migranten den Alltag?
Chinas fehlende Tradition als Einwanderungsland erschwert die Integration und begünstigt Rassismus. So bezeichnen Einheimische das afrikanische Viertel von Guangzhou spöttisch als „Chocolate City“. Afrikaner werden wegen ihrer Hautfarbe im Alltag diskriminiert, als kri-
minell und ungebildet abgetan. Behörden gehen zudem ver-
stärkt gegen die Konzentration der Afrikaner in Guangzhou vor. Diese dürfen zum Teil ihre Firmensitze und Wohnsitze
nicht mehr frei wählen. Auch chinesich-afrikanische Mischehen werden selten toleriert. Laut Anthropologie–Professor -Mathew -Gordon von der Chinese University of Hongkong sehen chinesische Eltern darin einen Statusverlust. Kommt es doch zu Ehen, ist dies noch lange keine Aufenthaltsgarantie für die afrikanischen Partner.
[[AUSBLICK] Wie entwickelt sich die Migration aktuell?
Immer mehr afrikanische Studierende kommen ins Land. Der Run von Businessleuten auf Guangzhou ist dagegen rückläufig. Zwar ist der Erhalt eines Business–Visums weiterhin relativ unkompliziert, doch wer nicht direkt Geschäfte machen kann, hat es schwer. Viele Migranten wurden zudem mit Aussicht auf Fabrikjobs gelockt, die sie mit ihrem Status nicht annehmen durften. Sie wurden plötzlich zu „Illegalen“. Personen ohne gültiges Visum leben in permanenter Angst vor hohen Geld- und Gefängnis-strafen beziehungsweise Ausweisung.
»Einen Schwarzen zu heiraten, bedeutet noch immer Statusverlust«