Bohn Appétit

Seit Jahrtausenden begleitet die Bohne den Menschen auf allen Kontinenten. Sie dient sogar dem Klimaschutz – als veganes Lebensmittel und weil die Pflanze klug mit Nährstoffen umgeht. Doch die gesunde Hülsenfrucht kann auch giftig werden.

Illustration einer Bohne mit Brille und Haar, die vor einer Konservendose steht.
Als Kulturgut wird die Bohne erst in jüngerer Zeit geschätzt. Ikonisch verewigte sie Andy Warhol in den 1960er Jahren mit mehreren Siebdrucken in seinen "Campbell's Soup Cans". Illustration: Sarah Matuszewski

Zack, die Bohne! Zwischen Alltags- und Popkultur

Sie galt als gewöhnlich, deswegen musste die Bohne schon früh sprachlich für Irrelevantes herhalten: „Interessiert nicht die Bohne“, heißt es bis heute. Die unscheinbare Hülsenfrucht soll im Mittelalter auch als Spielgeld gedient haben. Auf die Form als perfekter Verschluss des Gehörgangs zielt wohl das Bild der „Bohnen in den Ohren“. Blaue Bohnen aus Wildwest-Schießereien kombinieren Form und Farbe, weil Blei Patronen bläulich schimmern ließ. Als Kulturgut wird die Bohne erst in jüngerer Zeit geschätzt. Ikonisch verewigte sie -Andy -Warhol in den 1960er Jahren mit mehreren Siebdrucken in seinen „Campbell’s Soup Cans“. Der britische Komiker -Rowan -Atkinson schuf mit der anarchischen Kunstfigur Mr. Bean ein Alter Ego, hinter dem er fast verschwunden ist. Mit dem Ausruf „Zack, die Bohne!“ startete Gina-Lisa Lohfink in einer Casting–Show ihre Karriere im Reality-TV. Weit mehr als ein Maskottchen ist die Erfurter Puffbohne: In der Stadt Geborene bezeichnen sich selbst mit dem mundartlichen Namen der Ackerbohne.

Superfood Bohnen

Wissenschaftsdoku

Samstag, 19.10.
— 21.45 Uhr
bis 18.10. in der
Mediathek

Illustration von Bohne in Rüstung
Illustration: Sarah Matuszewski für ARTE Magazin

Die Spur der Bohnen: Wie sie auf den Teller kam

Bohne und Mensch gehen seit Langem Seite an Seite: Archäologische Funde in der Guitarrero-Höhle in den peruanischen Anden belegen, dass Gartenbohnen dort schon vor 8.000 Jahren auf dem Speiseplan standen, am Übergang vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit. Forschungen in jüngster Zeit ergaben, dass sich steinzeitliche Jäger und Sammler in der Region ganz überwiegend pflanzlich ernährt hatten. Es gab deshalb bereits den Vorschlag, künftig besser von Sammler- und Jägerkulturen zu sprechen. In präkolumbischer Zeit über den gesamten süd- und mittelamerikanischen Raum verbreitet, gelangten Gartenbohnen erst im 16. Jahrhundert durch spanische Eroberer, die Konquistadoren, nach Europa. Einen anderen Weg nahm die Ackerbohne, die zur Pflanzengattung der Wicken gehört und weitere Namen wie Saubohne, Dicke Bohne oder Favabohne trägt. Archäologen des Kimmel Centers am Weizmann Institute of Science entdeckten Favabohnensamen, die schon vor rund 10.000 Jahren im prähistorischen Galiläa sorgfältig aufbewahrt worden waren – vermutlich weniger als Snack für eine After-Jagd-Party als zur erneuten Aussaat. In Jahrtausenden wanderte die Bohne aus Nahost über den Mittelmeerraum schließlich bis in unsere Breiten.

Illustration von sportlichen Bohnen
Illustration: Sarah Matuszewski für ARTE Magazin

Beste Bohne: Superfood für Sparsame

Avocado, Chia oder Açai – häufig erhalten solche Exoten das „Superfood“-Label. Die Bohne aber verdient es ebenso, versetzt sie doch unser Mikrobiom in positive Vibes. Tim Spector, Epidemiologe am Londoner King’s College und für Fans seiner Ernährungs-App und -Bücher fast ein Guru, nennt sie „eine kostengünstige Quelle für pflanzliches Eiweiß, vollgepackt mit Proteinen und Ballaststoffen für die Darmmikroben“. Weil sie helfen, Stickstoff zu fixieren und bodengebundenen Phosphor verfügbar zu machen, spielten Bohnen zudem „eine Schlüsselrolle bei der Anpassung an den Klimawandel“. Auch US-Autor Dan Buettner, der fünf Weltregionen mit auffälliger Langlebigkeit zu „Blue Zones“ deklariert hat, begeistert sich für Bohnen: Eine tägliche Ration erhöhe die Lebenserwartung um vier Jahre. Regelrechte Super-Schoten sind Edamame, japanisch für „Bohnen am Zweig“, mit einem Eiweißgehalt von 13 Prozent. Die unreife Sojabohne sei wertvoll für Vegetarier und Veganer, bescheidet die Krankenkasse AOK, weil die Eiweißqualität „mit der von tierischem Eiweiß vergleichbar“ sei.

Illustration von pupsender Bohne
Illustration: Sarah Matuszewski für ARTE Magazin

Vom Winde verweht: Bohnen ohne Blähen

Völlegefühl, Bauchschmerzen, Blähungen: Rumoren in den Eingeweiden verleidet manchem den Bohnengenuss. Neben Ballaststoffen sind für die Gasbildung Oligosaccharide verantwortlich – unverdauliche Mehrfachzucker, über die sich erst im Dickdarm Bakterien hermachen. Richtige Zubereitung und Zutaten sollen Begleiterscheinungen dieser Zersetzung vermeiden helfen. Einweichen – je größer, desto länger – rät das Landesgerichtzentrum für Ernährung Baden-Württemberg. In viel Wasser, das danach weggegossen werden soll. Und ausreichend lange kochen. Außerdem empfehlen die Küchenhelfer „Anti-Bläh-Gewürze“: Anis, Kümmel, Fenchel, Lorbeer- oder Curryblätter, Majoran, Ingwer und Bohnenkraut. Auf Backpulver oder Natron im Kochwasser setzt das österreichische Kompetenzzentrum „forum. ernährung heute“. Noch ein Tipp aus dem Blog der Bundeszentrale für Ernährung: „Die Menge langsam steigern.“ Dann könne sich der Darm an die Zusammensetzung der Hülsenfrüchte gewöhnen.

Illustration von fieser Bohne
Illustration: Sarah Matuszewski für ARTE Magazin

Achtung, giftig! Die Bohne ist nicht ohne

„Bohnen nur gegart genießen“, warnte im Corona-Jahr 2021 das Bundesinstitut für Risikobewertung. Anlass war eine auffällige Zunahme besorgter Anfragen bei Giftnotrufzentralen. In der Pandemie wurde vermehrt die eigene Küche wiederentdeckt. Mitunter aber fehlte es Neulingen am Herd an altem Wissen, etwa um die Gefahr in der Hülsenfrucht. Rohe Bohnen enthalten das Protein Phasin. „Schon wenige Samen einer Bohnenhülse können Krankheitszeichen verursachen“, heißt es bei der Informationszentrale gegen Vergiftungen des Universitätsklinikums Bonn. Von Übelkeit und Durchfall bis zu Krampfanfällen und Schockzuständen reicht das Spektrum möglicher Symptome. Wegen ihres geringeren Körpergewichts gelten Kinder als besonders gefährdet. Schonend köcheln, für vitaminreiches, knackiges Gemüse: nicht bei Bohnen! Aber auch eingelegt kann in ihnen das Verhängnis lauern. Weil sich im Weckglas das Nervengift Botulinumtoxin gebildet hatte, entging 2018 ein Paar aus Halle nur knapp dem Tod.