Mit Musk zum Mars

Unternehmer Elon Musk sieht die Menschheit bedroht, vor allem von Künstlicher Intelligenz. Als Ausweg plant er die Flucht ins All – am besten mitsamt futuristischem Panzerwagen.

Teslas neuer Cybertruck
Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Tesla Inc.

Kantig. Aggressiv. Ein futuristischer Straßenpanzer: Das jüngste Tesla-­Baby von ­Elon Musk sieht aus wie geradewegs aus einer düsteren Science-Fiction-Kulisse auf die Straßen der Jetztzeit gerollt. Als sei der Cybertruck die automobile Antwort auf die globale Polykrise aus Kriegen, Pandemie und Naturkatastrophen. Aber soll man sich ihnen damit stellen – oder davonrasen? Immerhin kommt das Drei-Tonnen-Ungetüm in wenigen Sekunden auf Tempo 100.

An Flucht denkt der reichste Mensch der Welt mit einem geschätzten Vermögen von 250 Milliarden Dollar schon länger. Aber nicht hier auf der Erde, sondern gleich ganz weg, ins All. „In den Orbit, zum Mond, zum Mars und weiter“, heißt es bei Musks 2002 gegründetem Raumfahrtunternehmen ­SpaceX. Der Cybertruck, der Insassen zumindest optisch gegen alle Fährnisse wappnet, kann womöglich mit. Schreibt ­Tesla doch auf der deutschen Firmen-Website: „Gebaut für alle Planeten“.

SpaceX stellt unter anderem wiederverwendbare Raketen her und shuttlet Astronauten sowie Material zur internationalen Raumstation ISS. Nächste Zündstufe ist das Projekt Starship, ein Raumschiff für bis zu 100 Passagiere. Die Menschheit soll nach Musks Vorstellungen zur „multiplanetaren Spezies“ werden. Allerdings wird das Ziel eines bemannten Marsflugs immer wieder verschoben. Und auch bei der Beteiligung an der NASA-Mondlandemission ­Artemis 3 hinkt der SpaceX-­Zeitplan hinterher.

Gründe, nach einer Alternative zum Leben auf der Erde zu suchen, gibt es genug für den Unternehmer, den seine Jünger als genialen Visionär feiern und der Kritikern als größenwahnsinniger Hasardeur gilt. Auf seinem eigenen Kanal X (vormals Twitter) sieht der Multimilliardär die Zukunft vielfach in Gefahr, etwa durch den „Woke-­Virus“, wie er Ansichten verunglimpft, die seinen zuwiderlaufen. Oder durch einen Bevölkerungskollaps infolge sinkender Geburtenraten – gegen den der mindestens zehnfache Vater selbst tatkräftig ankämpft. Vor allem aber durch Künstliche Intelligenz, die sich menschlicher Kontrolle entziehe. ­Elon Musk nutze „die Apokalypse als Geschäftsmodell“, urteilte der Berliner Medienwissenschaftler Felix ­Maschewski unlängst im Deutschlandfunk Kultur.

Elon Musk's Twitter Takeover

Dokumentarfilm

Dienstag, 27.2. —
21.50 Uhr
bis 26.5. in der Mediathek

Porträt von Elon Musk
Foto: Reuters / Gonzalo Fuentes / ZDF

TECHNIKAFFINE FANS

Dass Musk Ingenieurlösungen für existenzielle Probleme anbietet, beschert ihm weltweit Fans unter technik­affinen Männern. Wie der Konzernlenker dabei häufig auftritt – ein Macher ohne jede Rücksicht –, imponiert Geschlechtsgenossen mit traditionellem Rollenverständnis. Als die Nichtregierungsorganisation Plan International im vergangenen Jahr 1.000 junge Männer in Deutschland nach Vorbildern befragte, landete ­Elon Musk ganz vorne – zusammen mit dem Influencer und selbst erklärten Frauenverächter ­Andrew Tate, der mit Äußerungen wie „Männliches Leben ist Krieg“ auf TikTok Anhänger findet.

Der Politologe Dag ­Schölper, Geschäftsführer der Interessenvertretung Bundesforum Männer mit Sitz in Berlin, sieht in dem Ergebnis ein Wiederaufleben tradierter Geschlechterrollen durch Krisen. „Man besinnt sich auf das Althergebrachte, um sich so ein Gefühl von Sicherheit zu verschaffen“, sagte er der Deutschen Welle.

Viele Teilnehmer der Plan-Studie definierten Männlichkeit mit Stärke, Erfolg, Zielstrebigkeit – und Draufgängertum, zum Beispiel beim rasanten Autofahren. Das würde wohl auch Musk unterschreiben. Als sein erstes Start-up, der Online-Stadtführer Zip2, 1999 verkauft wurde, erwarb der damals 28-Jährige von seinem Erlösanteil umgehend einen raren Supersportwagen, den ­McLaren F1, für eine Million Dollar. Ein Männerspielzeug.

Wie sehr er polarisiert, amüsiert das Enfant terrible auf dem Chefsessel selbst vermutlich am allermeisten. Als sei er ein übermütiger Teenager, provoziert Musk über Twitter und inzwischen noch stärker über X, wo er mehr als 168 Millionen Follower hat. Ein „Kriegsgebiet“ nannte der Konzernlenker das soziale Netzwerk in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS. Der ARTE-Dokumentarfilm „Elon Musk’s Twitter Takeover“ beleuchtet seine 2010 gestartete Liaison mit dem virtuellen Megafon.

In seine Tweets streut Elon Musk immer wieder popkulturelle Zitate ein. Auch in seine Produkte? Das Edelstahl-Design des Cybertrucks erinnert manche an den ­DeLorean DMC 12, der zur Zeitmaschine umgerüstet im Film „Zurück in die Zukunft“ (1985) keinesfalls nur bei PS-Freaks Kultstatus erlangte. Der Gegenwart als Zeitreisender entkommen, das aber gelingt nicht einmal Krösus Musk.

Kapitalismus made in USA – Reichtum als Kult

3-tlg. Dokureihe

bis 11.5. in der Mediathek