Maranello genießt unter Anhängern italienischer Sportwagen die Bedeutung einer Wallfahrtsstätte. Seit 1947 steht in dem Ort in der Provinz Modena das Ferrari-Werk. Schon 18 Jahre zuvor wurde er – mindestens ebenso wichtig – Sitz des Rennstalls mit dem springenden schwarzen Pferd im Signet. Die Verehrung für Person und Lebenswerk des Gründers erreicht fast religiöse Züge, das zeigt auch das ARTE-Porträt „Enzo Ferrari: Eine Geschichte von Leidenschaft und Tod“. Am bis heute erfolgreichen Mythos hat der 1988 verstorbene „Commendatore“ kräftig mitgewirkt.
Teuer, teurer, GTO
Die Zahlen- und Buchstabenkombination „250 GTO“ lässt die Augen sämtlicher Ferraristi leuchten: Nur 36 Exemplare verließen zwischen 1962 und 1964 das Werk. Alle sind bis heute erhalten, die Renn- und Besitzhistorie – Pink-Floyd-Drummer Nick Mason zählt zu den illustren Eigentümern – ist ähnlich eindrucksvoll wie die erzielten Preise. Verbürgt sind Auktionserlöse von 38 bis 48 Millionen US-Dollar aus den Jahren 2014 und 2018. Ebenfalls 2018 soll David MacNeil, Gründer und Chef eines Autozubehör-Konzerns aus Illinois, sogar für 70 Millionen US-Dollar einen Ferrari 250 GTO, Baujahr 1963 (Foto), erworben haben. Weil die Summen bei privaten Verkäufen wie diesem als nicht überprüfbar gelten, taucht der mutmaßliche Rekord-Oldtimer in Rankings allerdings nicht auf.
Rote Renner
Seit Jahrzehnten nähren vor allem die Formel-1-Wagen und ihre Fahrer die Legende. Als erfolgreichster Ferrari-Pilot schrieb sich Michael Schumacher in die Geschichte ein. Fünf seiner sieben Weltmeistertitel holte er von 2000 bis 2004 mit den roten Boliden der Scuderia Ferrari, wie der Rennstall aus Maranello heißt. Viele Fahrer vor ihm waren Opfer der Rennstrecken geworden. Der Deutsche vom Niederrhein hingegen verletzte sich nach dem Ende seiner Karriere 2013 bei einem Skiunfall schwer. Bis heute dringt über seinen Gesundheitszustand nichts nach außen. Dieser Tage kommt sein früheres Arbeitsgerät bei Sothebys unter den Hammer: der Ferrari F2003-GA, Chassis 229.
Statussymbol für Pimps und Kicker
TV-Privatdetektiv Magnum machte es in der gleichnamigen US-Serie vor: Wie der Schnurrbart kann ein Ferrari zum Markenzeichen werden. Filmstars saßen gern am Steuer, von Jean-Paul Belmondo über Peter Sellers bis zu Audrey Hepburn. Heute rollen die PS-starken Flundern durch Hip-Hop-Videos oder stehen bei Fußballstars wie Lionel Messi und Robert Lewandowski in der Garage. Umso mehr Beachtung fand ein Statement des Bayern-München-Profis Sadio Mané. „Warum sollte ich zehn Ferraris, 20 Uhren oder zwei Flugzeuge haben wollen?“, twitterte der gebürtige Senegalese. Lieber unterstütze er die Menschen seiner Heimat. Einen eigenen Reim auf die Marke macht sich Deutschrapper Disarstar in einem aktuellen Song: „Ich bin nicht gegen Ferrari, ich bin für Ferrari für alle.“ Wenn das Enzo hören würde!
»Ferrari ist Familie«
Auch wenn andere einen größeren Ferrari-Fuhrpark in der Garage haben: Als Vorsitzender des Ferrari Clubs Deutschland gilt Walter Ben Dörrenberg hierzulande als ranghöchster Fan der Sportwagenmarke. Der Mönchengladbacher IT-Unternehmer wurde im Jahr 2000 in den Verein aufgenommen.
arte Magazin Herr Dörrenberg, wie hat das mit Ihnen und Ferrari angefangen?
Walter Ben Dörrenberg Ich bin beim Oldtimer- Grand-Prix darauf gestoßen, fand die Community toll und wollte unbedingt auch so ein Auto haben. Erst mal habe ich mir eine Ferrari-Jacke gekauft und 1999 ein gebrauchtes Mondial T Cabriolet. Nicht, weil ich es besonders schön fand, aber mit 35.000 Mark war es für mich bezahlbar. Das Modell war nie so beliebt und steht am unteren Ende einer enormen Preisskala. Der Wagen hat mir dann die Mitgliedschaft im Club ermöglicht.
arte Magazin Was macht die Faszination aus?
Walter Ben Dörrenberg Mich hat vor allem die Persönlichkeit Enzo Ferrari beeindruckt, sein einzigartiger Weg in der Automobilwelt. Er wollte gar nicht primär Autos bauen, sondern Motorsport betreiben. Dazu kommen Klang, Geruch – plus ein Stück weit, dass die Wagen so selten sind. Und mehr als jede andere Marke ist Ferrari auch Familie, das habe ich ganz schnell gespürt.
arte Magazin Ferrari als Alltagsauto, geht das?
Walter Ben Dörrenberg Ein Sanitär-Installateur ist mit seinem Testarossa sogar auf die Baustelle gefahren, aber das ist die absolute Ausnahme.
arte Magazin In Großstädten gibt es eine sogenannte Poser-Szene, die auch mit Ferraris protzt.
Walter Ben Dörrenberg Ich bin sicher, dass Enzo Ferrari versuchen würde, diesen Leuten die Autos abzunehmen. Das tut keiner Marke gut.
arte Magazin Werden Sie auch mal angefeindet?
Walter Ben Dörrenberg Es gibt den einen oder anderen gestreckten Mittelfinger an der roten Ampel, aber zum Glück selten. Wir achten bei Ausfahrten darauf, wo wir unterwegs sind – gerade in Zeiten wie diesen: Die Leute haben Sorgen, etwa die Energiepreise; da versteht nicht jeder, warum man jetzt mit dem Ferrari herumfahren muss.