Der rassistische Geheimbund Ku-Klux-Klan (KKK) ist berüchtigt für seine Morde – und seine seltsamen Riten und Kostüme. Es geht dabei um Männer mit Kapuzen, die nachts Kreuze in Brand setzen und sich so in Stimmung für Hassverbrechen bringen. Ihr Ziel: ein „weißes Amerika“. Die Strukturen des Klans wurzeln tief im 19. Jahrhundert, in den vier Jahren unter Präsident Donald Trump hatte „die Organisation“, wie sie sich selbst verschwörerisch nennt, wieder deutlich Auftrieb. Für den afroamerikanischen Regisseur Spike Lee ist der Klan natürlich ein Feindbild. Das hat auch mit dem Kino zu tun.
1915 veröffentlichte David Wark Griffith „Birth of a Nation“, ein technischer Meilenstein der frühen Filmgeschichte, aber ebenso eines der dunkelsten Kapitel Hollywoods. Denn der Klan wurde von Griffith unverhohlen gefeiert und erfuhr dadurch einen beispiellosen Popularitätsschub. Als Spike Lee sich entschloss, eine Geschichte über den Klan zu erzählen, ging es also nicht nur um die Wahrheit über eine rechtsradikale Vereinigung. Es ging auch darum, die Ehre des Kinos zu retten.
Wie ein durchgeknallter Roman
Mit „BlacKkKlansman“ ist das prächtig gelungen. Das hat vor allem damit zu tun, dass Lee auf die extrem negative Energie, die vom Ku-Klux-Klan ausgeht, mit einer Komödie antwortet. In der Geschichte des Polizisten Ron Stallworth fand er eine ideale Vorlage. Sie liest sich wie ein durchgeknallter Roman, beruht aber auf Tatsachen: Der „Shit“ ist wirklich passiert, so steht es nun auch am Beginn des Films. Stallworth kam zu einer Zeit in Colorado zur Polizei, als Afroamerikaner dort noch die absolute Ausnahme waren. Er geriet in eine Undercover-Ermittlung gegen den Klan und brauchte dafür Hilfe, denn in eigener Person konnte er sich dort ja nicht blicken lassen. So kam es, dass ein jüdischer Kollege eine lokale Zelle unterwanderte, während Stallworth vor allem telefonisch aktiv war.
Spike Lee erzählt das alles mit offensichtlichem Vergnügen. Er hat mit John David Washington und Adam Driver zwei hochkarätige Hauptdarsteller, die sich mit ihren unterschiedlichen Temperamenten gut ergänzen; dazu kommen zahlreiche markante Nebenfiguren, seien es unbelehrbare Kollegen, idiotische Klansmänner oder radikale schwarze Studenten, die sich damals – der Film spielt in den 1970er Jahren – auch mit ihrem Äußeren offensiv abgrenzten, etwa mit prächtig aufragendem, unbeschnittenem Haupthaar, den sogenannten Afros.
Ron Stallworth bietet zu Beginn sogar an, seine Frisur zu zähmen, damit er als Vertreter einer Behörde nicht so auffällt, aber sein Vorgesetzter begreift schnell, dass er für einen „echten“ Afroamerikaner bessere Verwendung hat. Er will ihn nämlich zuerst einmal gegen die Studenten einsetzen, deren Revolutionsparolen er für die größere Gefahr hält. „BlacKkKlansman“ verschränkt geschickt verschiedene Kapitel der US-amerikanischen Geschichte. Spike Lee zeigt sich hier als Künstler der Montage: Während der Klan einen Terroranschlag vorbereitet, lässt er Harry Belafonte (Jerome Turner), eine der großen Identifikationsfiguren der Bürgerrechtsbewegung, von einem Hassverbrechen aus dem Jahr 1916 erzählen. Damals wurde in Waco, Texas, der 16 Jahre alte Jesse Washington gelyncht.
Die Botschaft in all meinen Filmen lautet stets: Wacht auf!
Viele Jahre war Spike Lee beinahe ein Einzelkämpfer, der das afroamerikanische Kino auf vielen Ebenen voranzubringen versuchte: mit Beziehungskomödien wie „Jungle Fever“, in denen er mitunter Fragen der Identitätspolitik behandelte; mit einer großen Filmbiografie über Malcolm X oder mit einem Dokumentarfilm wie „When the Levees Broke“ (2006), in dem er die Flutkatastrophe von New Orleans als Gerechtigkeitsproblem vor dem Hintergrund eines segregierten Immobilienmarkts analysierte. Er versuchte dabei immer, seine Anliegen mit populären Formen zu verbinden. Denn Aufklärung darf in den USA nicht spröde sein. Sie soll packen und unterhalten.
In „BlacKkKlansman“ gelingt das, indem Spike Lee die klassischen Muster der Komödie bis zum Äußersten ausreizt: Am Ende stehen Ron Stallworth und sein größter Feind, der nationale KKK-Chef David Duke, einander direkt gegenüber, Auge in Auge. Wie es sich gehört, löst Lee die Sache mit einer Pointe. Im Abspann macht er dann aber deutlich, dass es in Amerika nichts zu lachen gibt.
Das Ressentiment, das nicht zuletzt Hollywood über viele Jahre genährt hat, wird nun von einer zutiefst polarisierten amerikanischen Öffentlichkeit instrumentalisiert. Lee zeigt Szenen von den Ereignissen in Charlottesville, Virginia, wo es 2017 zu rechtsextremen Demonstrationen kam, bei denen eine Frau starb. Sie hieß Heather Heyer. Ihr ist dieser Film gewidmet, den man bei allem Vergnügen wohl doch auch mit großem Unbehagen sehen muss.