Die Zeit zurückdrehen

Mammut, Moa und sogar Dinosaurier: Forscher wollen ausgestorbene Arten wieder zum Leben erwecken. Könnte das irgendwann gelingen?

beleuchtetes Dinosaurier-Ei vor schwarzem Hintergrund
Foto: Bonhams London UK/Bridgeman Images

Der Schlüssel zur Auferstehung ist eine prähistorische Mücke, umschlossen von uraltem Bernstein: Das Insekt hatte kurz vor seinem Ableben das Blut eines Tyrannosaurus Rex gesaugt und dieses in seinem Körper etwa 65 Millionen Jahre konserviert. Mithilfe der im Blut enthaltenen DNA züchten Wissenschaftler schließlich mitten im Anthropozän Dinosaurier. Bislang funktioniert diese sensationelle Geschichte nur im Film, genauer gesagt in ­Steven ­Spielbergs Blockbuster „Jurassic Park“, der im Jahr 1993 dank ausgefeilter 3D-Effekte einen weltweiten Dinosaurier-­Hype auslöste. In der Realität verläuft die Suche nach dem Erbgut von Dinosauriern bislang vergebens. Allerdings stoßen Forschende immer öfter auf intaktes Erbgut anderer ausgestorbener Spezies. Ist es also denkbar, dass verloren geglaubte Arten bald wieder die Erde bevölkern?

Das Rätsel der Riesen-Laufvögel

Wissenschaftsdoku

Samstag, 13.4.
— 21.45 Uhr
bis 3.5. in der Mediathek

Der Schlüssel zur Auferstehung ist eine prähistorische Mücke, umschlossen von uraltem Bernstein: Das Insekt hatte kurz vor seinem Ableben das Blut eines Tyrannosaurus Rex gesaugt und dieses in seinem Körper etwa 65 Millionen Jahre konserviert. Mithilfe der im Blut enthaltenen DNA züchten Wissenschaftler schließlich mitten im Anthropozän Dinosaurier. Bislang funktioniert diese sensationelle Geschichte nur im Film, genauer gesagt in ­Steven ­Spielbergs Blockbuster „Jurassic Park“, der im Jahr 1993 dank ausgefeilter 3D-Effekte einen weltweiten Dinosaurier-­Hype auslöste. In der Realität verläuft die Suche nach dem Erbgut von Dinosauriern bislang vergebens. Allerdings stoßen Forschende immer öfter auf intaktes Erbgut anderer ausgestorbener Spezies. Ist es also denkbar, dass verloren geglaubte Arten bald wieder die Erde bevölkern?

Ein denkbares Beispiel hierfür wäre der Moa, ein flugunfähiger Laufvogel, der einst auf der Nord- und Südinsel Neuseelands angesiedelt war. Das straußenähnliche Tier erlangte auf den raubtierfreien Inseln eine Körpergröße von bis zu vier Metern; Biologen bezeichnen dieses Phänomen als „Inselgigantismus“. Umso heftiger wurden die friedlichen Urzeitvögel offenbar Ende des 13. Jahrhunderts von den ersten polynesischen Einwanderern bedrängt und schließlich binnen weniger Generationen ausgerottet. Dank gut erhaltener Fossilien können Wissenschaftler heute das Leben sowie den Prozess der Ausrottung der Moas nachvollziehen, wie die ARTE-­Dokumentation „Das Rätsel der Riesen-­Laufvögel“ zeigt. Zuletzt gelang es Forschenden der australischen ­Murdoch University, Teile der DNA aus fossilen Eierschalen der Moas zu isolieren und den Gencode der Tiere zu rekonstruieren.

Mit dem vollständigen Erbgut ergibt sich die Möglichkeit, eine eigentlich ausgestorbene Art zu klonen. Das US-amerikanische Start-up ­Colossal ­Biosciences versucht seit Jahren, ausgestorbene Spezies – darunter auch das Wollmammut und den flugunfähigen Vogel Dodo – wiederzubeleben. Sein Begründer, der Molekularbiologe ­George Church, betont im Interview mit dem Magazin ­Science ­Notes: „Die synthetische, vom Menschen gestaltete Biologie ist eine großartige Möglichkeit, die natürliche Biologie zu retten.“ Ziel des Unternehmens sei es nicht, eine ausgestorbene Art in ihrer Urform wiederzuerschaffen, sondern Tiere mithilfe der Gene ihrer Vorfahren besser an moderne Ökosysteme anzupassen. So könnte die Züchtung eines kälteresistenten Elefanten mit biologischen Merkmalen des Wollhaarmammuts, das vor mehr als 11.000 Jahren ausgestorben ist, laut Church sogar dazu beitragen, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die etwa fünf Tonnen schweren Tiere könnten nach massenhafter Ansiedlung die sibirische Steppe platt trampeln und damit das Auftauen der Permafrostböden verlangsamen sowie den Austritt von Treibhausgasen minimieren.

 

Inselgiganten Moas
Inselgiganten: Die neuseeländischen Moas (Bild) wurden lange für archaische Monster gehalten, wie die Zeichnung des Illustrators Frank R. Paul aus dem Jahr 1927 zeigt. Illustration: picture alliance/Mary Evans Picture Library

MAMMUFANT: TIER-HYBRID AUS DEM LABOR 

Andere Forschende zweifeln an der baldigen Realisation solcher Projekte. „Die Erfolgsaussicht, ausgerottete Tiere wiederzubeleben, hängt stark davon ab, wie artverwandt die Leihmutter ist“, sagt Paläontolge Martin Sander von der Universität Bonn. Er erforscht unter anderem den Gigantismus von Dinosauriern. „Die Entwicklung eines ,Mammufants‘ – der Kreuzung zwischen Mammut und Elefant – würde Dekaden dauern. Im Falle des Moas ist die Situation insgesamt schwierig, denn nach Jahrmillionen als isoliertes Inseltier ist es kompliziert, noch lebende direkte Nachfahren ausfindig zu machen.“

Während die ethische Debatte über die Reproduktionstechnik in Europa weiter sehr kontrovers geführt wird, ist das Klonen von Tieren in vielen Ländern, allen voran den USA und China, längst etabliert. Deutschland erlaubt das Klonen von Tieren nur in der Medizinindustrie; zum Beispiel können genetisch veränderte Schweine als Organspender für Menschen dienen. „Grundsätzlich beherrschen wir die Technik, die Frage ist, inwiefern wir sie einsetzen wollen“, unterstreicht Sander. Die Anfälligkeit von geklonten Lebewesen für Krankheiten und Missbildungen sei hoch – bei eigentlich ausgestorbenen Arten sogar noch höher. „Ich persönlich denke trotzdem, dass jede Art, die durch den Menschen ausgerottet worden ist, auch mit seiner Hilfe potenziell wieder zum Leben erweckt werden darf“, sagt der Paläontolge. Man könne auch nicht gänzlich ausschließen, dass ein Szenario wie in „Jurassic Park“ nicht doch irgendwann Realität werde: „Wer weiß, vielleicht stoßen wir eines Tages auf Dinosaurier-DNA aus der Kreidezeit.“