Mal Meer, …

In Spanien, dem größten Obst- und Gemüse­exportland Europas, stemmen sich innovative Agrarbetriebe gegen die von der Klimakrise hervorgerufene Dürre. Was machen sie anders?

Blick auf OceanixCity von oben
Foto: OceanixCity / Top / Image by BIG Bjarke Ingels Group

Die sengende Mittagssonne steht über den Hügeln Südostspaniens, als Alfonso Chico seinen Hof La Junquera verlässt, um die gerade eingetroffenen Murcia-­Kühe auf der Weide zu inspizieren. „Wir haben 2014 mit drei Rindern angefangen, inzwischen sind es 120“, sagt der 35-Jährige. „Es hat einige Zeit gedauert, die geeignete Rasse zu finden, die mit den rauen Bedingungen zurechtkommt.“

Vor zehn Jahren begann er, den Hof umzubauen, um daraus einen Referenzbetrieb für nachhaltige Landwirtschaft zu machen. Mit Viehzucht kannte er sich damals gar nicht aus; sie in den Betrieb zu integrieren „war aber unumgänglich“, meint Chico. La Junquera liegt in einer der unwirtlichsten Regionen Spaniens, wo die durch den Klimawandel hervorgerufene Dürre längst zum Alltag gehört. „Bei uns fallen pro Jahr 330 Millimeter Regen – und die sind schlecht verteilt“, sagt ­Chico. „Die Temperaturschwankungen sind hoch, die Bodensubstanz ist schlecht, und der Klimawandel stört die Regenmuster, was die Vegetation in Mitleidenschaft zieht.“

Seit 1829 im Besitz von Chicos Familie, wurden auf La Junquera lange Zeit Naturfasern für die Textilindustrie hergestellt, später Getreide. Als er den Betrieb übernahm, befand sich der Hof in desolatem Zustand. „Jahr für Jahr gingen die Erträge zurück, die Preise sanken, die Rentabilität litt“, erzählt er. „Wir produzierten immer weniger, und niemand wusste, wie man das ändern könnte.“

Wie Chico geht es derzeit Hunderten anderen Agrar­betrieben in Spanien. Noch ist das Land Europas führender Produzent und Exporteur von Obst und Gemüse. Doch 75 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen des Landes sind von Dürren und Wüstenbildung bedroht. Ein Zusammenbruch der Agrarproduktion ist denkbar – und hätte katastrophale Folgen, wie die Dokumentation „Wohin die Flüsse verschwinden“ zeigt, die ARTE im Juli ausstrahlt. „Der Umbau von La Junquera begann mit dem Ausheben von Gräben, um die Bodenerosion zu verhindern und das Wasser aus den spärlichen Niederschlägen zu speichern“, erinnert sich der Landwirt. Er baute saisonale Deckfrüchte an, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen und die Verdunstung einzudämmen, und nahm die Viehzucht wieder auf. Zudem diversifizierte er den Anbau und testete, wie unterschiedliche ­Getreide- und Gemüse­sorten sowie Obstbäume gedeihen.

Dokumentation

Thema: Wasser, zwischen Dürre und Flut

am Dienstag, 9.7. 

BUNTES MOSAIK AUS PFLANZEN UND NUTZTIEREN

Die Ergebnisse sind bemerkenswert. In nur sechs Jahren hat sich die Menge an organischer Substanz im Boden mehr als verdoppelt und La Junquera in ein faszinierendes Mosaik aus Nutzpflanzen (Gerste, Hafer, Weizen, Roggen, Apfelbäume, Mandelbäume und Pistazien) verwandelt, durchsetzt mit einem kleinen Gemüsegarten, Kühen und Schafen. Mittlerweile bietet der Hof mehr als 30 Menschen Arbeit und verkauft eine breite Palette von Produkten. „Ich weiß nicht, wann Monokulturen in der Agrarbranche zur Norm wurden – heute ­jedenfalls sind sie nicht mehr sinnvoll“, sagt ­Chico. „Angesichts des fortschreitenden Klimawandels liegt die Zukunft der Landwirtschaft in der Diversifizierung.“

Unterstützung erhält Chico von der Akademie für Regeneration, einer Forschungseinrichtung, die La Junquera als Versuchsfeld für landwirtschaftliche Experimente nutzt. Praktisch: Die Akademie hat ihren Sitz auf dem Hof; der Austausch ist unmittelbar. Co-Direktor ­Jacobo ­Monereo gehört wie Chico zu einer Handvoll Pioniere, die Spaniens Agrarbranche zu Europas Labor für die Anpassung an den Klimawandel machen. Der bunte Haufen aus Forschenden, Umweltaktivisten und Entrepreneuren erprobt neue Anbautechniken, entwickelt dürre­resistente Pflanzen und saniert jahrhundertealte Wassermanagementsysteme. Vielleicht hat diese einzigartige Kombination aus altem Wissen und moderner Technologie das Potenzial, eines der größten Obstanbaugebiete der Welt zu retten. „Genau das haben wir uns vorgenommen“, sagt ­Monereo. „Denn wenn wir die bisherigen Produktionsweisen nicht ändern, droht der spanischen Landwirtschaft der baldige Niedergang.“