Ich schwöre, dass ich meine ganze Kraft dem Erfolg des Freistaates Bayern widmen und mein Amt unparteiisch, gewissenhaft und unbestechlich getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohl des Volkes führen werde.“ Schon mit den ersten Sätzen der neuen Staffel von „Hindafing“ beginnt die Ironie. Denn unparteiisch, gewissenhaft und unbestechlich verhält sich niemand im Bayerischen Landtag – zumindest nicht in der satirischen Serie um Hauptfigur Alfons Zischl (Maximilian Brückner). Abermals dreht sich darin alles um Korruption, Amigowirtschaft und Tricksereien in der weiß-blauen Politik.
Bereits in der ersten Staffel aus dem Jahr 2017 fällt Zischl, zu jener Zeit koksender Bürgermeister des kleinen bayerischen Ortes Hindafing, vor allem durch selbst herbeigeführte Katastrophen auf. „Egal, wo es brennt, man trifft immer auf Sie, Herr Zischl“, stellt Polizist Erol (Ercan Karacayli) in der Auftaktstaffel zu Recht fest. Das ändert sich auch in der zweiten nicht, als Alfons Zischl zum Landtagsabgeordneten in Bayern aufsteigt. Gewählt wurde er nicht, sondern er rückte auf, weil sein Vorgänger über einen Skandal gestolpert war. Zischls Selbstbewusstsein tut das keinen Abbruch, und so setzt er alles daran, Staatssekretär zu werden. Dass das nicht leicht ist in einem Geklüngel korrupter und vetternder Politiker und Politikerinnen, zeigt sich schnell. Doch Zischl mischt mit, so gut er kann.
So versucht er zunächst, die Gunst der Ministerpräsidentin Obereder (Ursula Maria Burkhart) zu gewinnen. Der Fraktionsvorsitzende Bauer (Christian Hoening) rät ihm dazu, bei einem Technologiekonzern Gesicht zu zeigen, um auf sich aufmerksam zu machen, denn Frau Obereder setzt auf neue Technologien am Standort Bayern. Doch Zischl gerät fälschlicherweise an ein Rüstungsunternehmen, dem er seine Unterstützung zusichert, und landet prompt negativ in den Schlagzeilen. Beim Versuch, sich der Ministerpräsidentin wieder positiv ins Gedächtnis zu rufen, findet sich Zischl auf ihrer alljährlichen Jagd wieder – und schießt versehentlich auf sie. So geht es Folge um Folge in abstrusere Verwicklungen, begleitet von trockenen Sprüchen aller Protagonisten: Metzger Sepp Goldhammer (Andreas Giebel) etwa, den, nun ja, eingefleischte Fans noch aus den ersten Episoden kennen, möchte nach China expandieren. Sein Slogan: „Everybody loves Leberwurst.“
Fraktionsvorsitzender Bauer, der Zischl vorschlägt, die Goldhammers sollten mit einer Patenschaft für eine Wolfsfamilie ihr Image reinwaschen, erklärt wiederum: „Wölfe sind PR-mäßig supergeil.“ Politik ist überall. Und Zischl mittendrin.
Nach dem großen Erfolg der ersten Staffel sind die Erwartungen an die zweite hoch: 2018 erhielt „Hindafing“ den österreichischen Fernsehpreis Romy, die Serie war für den Grimme-Preis nominiert, Maximilian Brückner bekam den Bayerischen Fernsehpreis als bester Hauptdarsteller. Der 40-Jährige weiß: „Die hohen Erwartungen an eine Fortsetzung haben nicht nur die Zuschauer, sondern auch wir Schauspieler.“ Und er fügt hinzu: „Mir gefällt die zweite Staffel sogar besser. Wir trauen uns mehr, weil wir wissen, wohin wir wollen.“
Menschliche Abgründe statt Gaudi
Tatsächlich steht die aktuelle Staffel der ersten in nichts nach: Mit ihrer Bildsprache, die Nordic-Noir-Serien wie „Die Brücke“ (2012) ähnelt, einer Atmosphäre, die in ihrer provinziellen Skurrilität an den Coen-Film „Fargo“ (1996) und die gleichnamige Serie (2014) erinnert, und der gewohnten bayerischen Mundart etwa. Die Netze der Intrigen werden komplexer und übertreffen den Vorläufer sogar noch: „Satire ist natürlich immer Überzeichnung“, so Brückner. „Wenn man heute Politiker weltweit anschaut, weiß ich langsam aber nicht mehr, was man da noch überzeichnen kann. Noch ist ,Hindafing‘ Satire – wir werden sehen, wie lange noch.“
Zwar soll die Serie Politsatire sein, und doch geht es um Menschlichkeit, im Guten wie im Schlechten. Den Drehbuchautoren Boris Kunz, Rafael Parente und Niklas Hoffmann ist es gelungen, auch die Fortsetzung nicht als bayerische Gaudi daherkommen zu lassen, sondern sie offenbaren, auf abstruse und entlarvende Weise, menschliche Abgründe. Für Brückner Voraussetzung, die Hauptrolle anzunehmen: „Wäre diese Tragik nicht abgebildet, wäre ,Hindafing‘ keine Satire, sondern Klamauk. Und das interessiert mich als Schauspieler nicht.“
So verstehen wir trotz aller Intrigen und Fettnäpfchen Zischl und seine Mitstreiter, haben Sympathien, können mit ihnen lachen und leiden. Denn am Ende sind wir, Politiker und Nicht-Politiker, in Bayern und woanders, in der Provinz und in der Stadt, vor allem eines: menschlich. Das zu beobachten gelingt der Serie auf bitterböse Weise.