Filmischer Wutausbruch

In Cannes gewann Nadav Lapids Politdrama „Aheds Knie“ den Prix du Jury. Warum der israelische Regisseur noch immer mit seinem Heimatland hadert. 

Filmszene: Avshalom Pollak in der Wüste
In „Aheds Knie“ rechnet der israelische Regisseur Nadav Lapid mit der Kulturpolitik Israels ab. Wütend, fragmentarisch und rastlos erzählt das Drama von dem Filmemacher Y, der in eine Wüstensiedlung eingeladen wird, um eine seiner Arbeiten zu präsentieren. Dort angekommen, wird er mit der israelischen Zensurbehörde konfrontiert und rebelliert fortan gegen staatliche Repressionen. Hier: Filmemacher Y (Avshalom ­Pollak) begegnet in der Arava-Wüste seinen inneren Dämonen. Foto: Grandfilm

Wie verarbeitet man es, in einem Land aufgewachsen zu sein, in dem Politiker offen Gewaltfantasien gegenüber jungen Mädchen äußern? Wie lebt man als Kunstschaffender dort, wo Kunst nur dann Zuschüsse erhält, wenn sie regierungskonform ist? Und wie wird man als Regisseur nicht selbst Teil der politischen Maschinerie? Der Weg, den Regisseur ­Nadav ­Lapid für sich gewählt hat: Er verließ Israel, um im Ausland Filme zu drehen, die sich kritisch mit seiner Heimat auseinandersetzen.

Vor fünf Jahren bekam Nadav Lapid für „Synonymes“ (2019) als erster Israeli den Goldenen Bären auf der Berlinale verliehen. Zu dieser Zeit lebte er bereits in Paris. Israel hatte er als junger Mann verlassen, unmittelbar nach seinem dreijährigen Militärdienst. „Ich erkannte, dass ich wegmusste aus Israel, um meine Seele zu retten“, sagte der Regisseur damals im Spiegel-Interview. Von dieser Geschichte handelt auch „Synonymes“: Getrieben von der eigenen Vergangenheit und Identität läuft ein junger Israeli (Tom ­Mercier) durch die Straßen von Paris, rezitiert fanatisch französische Vokabeln, um jegliches Hebräisch in sich auszulöschen. „Erbärmlich! Vulgär! Verabscheuenswürdig!“, sind die Zuschreibungen, die der Protagonist für sein Heimatland übrig hat. Am Ende muss er einsehen, dass sich die eigene Herkunft nur schwer abstreifen lässt.

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Aheds Knie

Politdrama

Mittwoch, 8.5. —
23.00 Uhr
bis 14.5. in der Mediathek